Peter Gabriel – „Scratch My Back“/ „I’ll Scratch Yours“

Dieser Artikel ist auf der einen Seite ein Review zu einem interessanten Konzept-Album initiiert von einem der größten Pop-Musiker der Musikgeschichte. Und auf der anderen – eine Petition. Wenn eine so gute Idee in die Tat umgesetzt wird und dann noch mit einem bemerkenswerten Ergebnis ausgeht, dann sollte das Projekt definitiv in feinstes Virgin Vinyl gepresst werden. Es geht zwar immer zuerst um die Musik und dann um das Medium – aber in diesem Fall ist es wirklich unverständlich, wieso das Album nicht als Vinyl herausgegeben wird.

Wie dem auch sei – das Konzept und das Ergebnis, das sich Peter Gabriel zusammen mit vielen anderen aktuellen und weniger aktuellen Künstlern hervorgebracht hat ist so besonders, dass sich auch ohne schwarzes Gold ein Review lohnt.

DPeter-Gabriel-4323-photocredit-Michele-Turriani-px7001er 63-jährige Engländer Peter Gabriel ist den älteren Semestern in jedem Fall ein Begriff – für die Jüngeren wird es schon etwas schwieriger – deswegen eine kurze Einführung: Gabriels Musikkarriere begann, als er 1967 die Prog-Rock-Band Genesis zusammen mit Mike Rutherford, Anthony Phillips, Mike Rutherford und Chris Stewart gründete. Diese Band verließ er zwar 1975 wieder – bis dahin war die Gruppe allerdings dermaßen bekannt, dass sie an Erfolg nichts einbüßte – obwohl Phil Collins das musikalische Gesicht von Genesis komplett änderte.

Gerade als Solo-Künstler zeigte sich Gabriel immer wieder als stilbildender Musiker, der trotz teilweise sperriger und experimenteller Stücke ab den 80er Jahren durch seine Hits einer noch breiteren Masse bekannt wurde (Ein Beispiel „Sledgehammer“).

Soundcheck

2010 veröffentlichte Peter Gabriel das Cover-Album „Scratch my Back“ – Kratz mir den Rücken. Auf diesem nahm er Stücke von den größten bekannten Songwritern und interpretierte sie um. Er „vergabrielte“ sie. Was als Coveralbum abgetan werden könnte ist aber nur ein Teil der Idee. Die andere ist heute auf den Markt gekommen: „And I’ll Scratch Yours“. „And I’ll Scratch Yours“ ist die Retoure der Künstler, deren Lieder Gabriel interpretierte. Wer mitgemacht hat? Seht selbst:

  • David Byrne – I Don’t Remember
  • Bon Iver – Come Talk to Me
  • Regina Spektor – Blood of Eden
  • Stephin Merritt – Not One of Us
  • Joseph Arthur – Shock the Monkey
  • Randy Newman – Big Time
  • Arcade Fire – Games Without Frontiers
  • Elbow – Mercy Street
  • Brian Eno – Mother of Violence
  • Feist feat. Timber Timbre – Don’t Give Up
  • Lou Reed – Solsbury Hill
  • Paul Simon – Biko

Jeder einzelne Track hat seine Besonderheit. Insgesamt ist es sehr interessant zu hören, das alle Künstler sich stark am musikalischen Stil Gabriels orientieren – aber dennoch ihre persönlichen Noten hineinbringen. Besonders erwähnenswert ist der US-amerikanische Singer-Songwriter Joseph Arthur, der stimmlich ein passendes Substitut zu Peter Gabriels Stimme abgibt. Auch musikalisch könnte die Nummer so  (;)) glatt aus den 80ern stammen.

Brilliant auch Regina Spektors „Blood of Eden“ vom Album „Us“. Sehr Regina Spektor. Auch Feist verzuckert „Don’t Give up“ mit der verführerischen weiblichen Weichheit ihrer Stimme.

Lou Reed? Lou Reed kann ja eigentlich nur Lou Reed und hat deshalb Gabriels ersten großen Hit als Solo-Künstler „Solsbury Hill“ einfach adoptiert und zu seinem Werk gemacht. Unverschämt? Nein. Er war zuerst da.

Das Album ist am 20. September als Einzel-CD “And I’ll Scratch Yours” und als Deluxe-Doppel-CD “Scratch My Back” & “And I’ll Scratch Yours” erschienen. Nicht nur für Peter Gabriel-Fans ist das Album eine absolute Empfehlung. Die Vielfalt der Stile ist faszinierend und absolut mehr als ein paar zusammengewürfelte Coverversionen eines Musik-Senioren.

 

 

Searching for Sugar Man Soundtrack – by Rodriguez deluxe Vinyl version

Er war ein Star in Südamerika und wusste es nicht. Ein hervorragender Singer-Songwriter, der in der Versenkung verschwunden ist und seit Anfang der 70er keinen weiteren neuen Output mehr zu verzeichnen hat. Wenn man sich die grossartigen ruhig fliessenden Kompositionen anhört, kommt man nicht drum herum zu denken, wieso ist er nicht ein weltweit bekannter Singer-Songwriter geworden? Er wird oft mit Dylan verglichen, ist aber vielseitiger und der sound ist wärmer und psychedelischer. Die Platten wurden zwar von nicht unbekannten Produzenten gemacht, sind aber trotzdem nicht wirkich bekannt geworden. Komisch, wie mancher als Star aufsteigt und der andere in der Versenkung verschwindet. Jetzt allerdings gelangt Sixto Rodriguez doch noch zu spätem Ruhm, auch in den Vereinigten Staaten und in Europa. Seit kurzem gibt er auch wieder Konzerte und es ist sogar die Rede von einem neuen Album. Man darf gespannt sein! Seine ersten beiden Alben von 1970: Cold Fact und 1971: Coming From Reality sind wiederaufgelegt worden und das vorliegende Album von 2012: Searching for Sugar Man ist eine Art Best Of der genannten Alben.

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Soundcheck

Have you ever been in darkness,
And your mind could find no peace,
When you woke up after midnight,
Found your swans have turned to geese.

Well, just climb up on my music,
And my songs will set you free,
Well, just climb up on my music,
And from there jump off with me.

Rodriguez hat mit seinen Texten vielen Menschen halt gegeben und schafft es in rohem Songmuster mit z.T. sprechgesangsartigem Erzählstil und ruhiger Begleitung einen sehr entspannten Sound zu entwickeln. Wunderbar wie er es schafft einen in eine andere Zeit zu katapultieren. Der warme Sound, die Streicher im Hintergrund oder die Gitarre, die er spielt, sind wie eine Zeitreise und er gibt einem Jumpers, coke, sweet Mary Jane auf’s Ohr. Ich komme zurzeit kaum noch aus den Melodien raus, erwische mich desöfteren, wie ich einzelne Textzeilen trällere. Für mich eine absolute Reinhörempfehlung!

Vinylcheck

Das hier vorliegende schwarze Vinyl ist einwandfrei gepresst und auf dem aus Seattle stammenden Label Light in the Attic erschienen. Das 2LP Fold-Out-Cover ist aus schönem dicken Karton und besitzt eine hochwertige Haptik. Vorliegen habe ich hier die Version mit dem Poster des Dokumentarfilms und Searching for Sugar Man auf DVD. Der Film Searching for Sugar Man wurde zudem bei der Oscar-Verleihung 2013 als Bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. Dieses Paket ist eine sehr schöne Sache, wie ich finde. Es gibt aber auch eine einfache Doppel-LP-Ausgabe bei Light in the Attic, diese ist dann auch etwas günstiger zu bekommen. Ca. 40 Euro für eine 2LP ist natürlich schon eine Ansage, aber da der Film dabei ist, geht das wohl in Ordnung.