Ólafur Arnalds – Isländische Living Room Songs auf Vinyl

Olafur Arnalds Living Room Songs auf VinylÓlafur Arnalds hat ein Album herausgebracht… Ólafur – wer? Hört sich irgendwie isländisch an. Isländisch? Nicht schon wieder. Diese Sigur Rós-Schwemme reicht doch langsam, oder? Njein. Erstens kann Sigur Rós nicht schwemmen, weil die Alben und die Musik einfach zu einzigartig und vielfältig sind/ist und zweitens, weil der zeitgenössische Komponist mit dem entlarvenden Namen „Ólafur“ eine wunderbare Vinyl-Scheibe released hat, mit der man träumen gehen kann. Vielleicht kennt der ein oder andere das Phänomen, dass man an einem hektischen Tag das Bedürfnis nach entspannender Musik hat und alles, was das Plattenregal hergibt sind echt fantastische Scheiben, die aber spätestens nach dem zweiten Track schon wieder nerven – zu experimentell, zu laut, nur ein Track ist entspannend und der Rest ist Panik pur. Nun – mit den Living Room Songs hat man Vinyl in den Händen, mit dem es sich glänzend und entspannt auf dem Sofa sitzen lässt.

Diese Ruhe kommt nicht von ungefähr – entstanden doch alle sieben Tracks der Schallplatte im Reykjaviker Wohnzimmer es Komponisten und Multiinstrumentalisten Ólafur Arnalds. Arnalds hat Ólafur Arnalds Living Room Songs Vinylbereits 2007 eine Session ins Leben gerufen, in der er eine ganze Woche lang jeden Tag ein Stück arrangierte, einspielte und dann veröffentlichte. Damals hieß die Compilation „Found Songs“ und findet sich immer noch auf Erasedtapes.com. In dieser zweiten Session versammelte er verschiedene Musiker, teilweise aber auch seine Familie in seinem Wohnzimmer und ließ sie seine Ideen und Arrangements zusammen einspielen.

Die Stücke sind zumeist organisch – also nur mit „natürlichen“ Instrumenten eingespielt. Dominierend sind Klavier und Streicher. Das schönste Stück des Vinyls ist bestimmt „Film Credits“ vom dritten Tag, das nur aus Streichern zusammengesetzt wird. Die Hauptrolle spielt die Bratsche. Und ganz analog zum alten Musikerwitz: Wie definiert man eine kleine Sekunde? Zwei Bratschen spielen unisono – spielt die Bratsche auch ein wenig unsauber – das hilft aber in diesem Fall ganz prima, die heimelige Stimmung herauszuarbeiten, die in einem solchen unperfekten Ambiente entstehen kann.

„Near Light“ ist der einzige Track, der ein wenig Elektronik abbekommen hat. Startet er noch verträumt mit Violine und Piano, mündet er doch in einem Ambient-Meer aus Elementen, die Sigur Rós prima zu Gesicht gestanden hätten.
Bei Stücken wie „Tomorrow’s Song“ wird Arnalds beim Klavierspielen von Knarzern und Knackern seines Fußbodens untermalt. Diese Atmosphäre erübrigt den Kamin im eigenen Hörzimmer – man kann ihn sich doch vorstellen.

Am Tag fünf „Ágúst“ ist es dann doch soweit gekommen – Ólafur Arnalds hat mich an Eric Satie mit seinen „Gymnopédies“ erinnert. Die Simplizität der Kompositionen ist nicht zu verkennen. Dennoch tragen sie große Emotionalität mit sich.

Genug über die Musik. Das Vinyl kommt als 10″ Platte, gut gepresst, aber nichts Besonderes. Der Schallplatte liegen vier beidseitig bedruckte Kunstdrucke bei, auf denen jeder der sieben Tracks bildlich begleitet wird. Dazu gibt es einen Download-Code, damit man auch während der Bahn- oder Autofahrt mit Ólafur Arnalds träumen kann.

Die Aufnahmequalität und die Mischung ist sehr gut. Das Arrangement der Instrumente ist in sechs von sieben Tracks vordergründig gehalten mit einem leichten Hauch von Hall. So verliert die Aufnahme nichts von ihrer Heimeligkeit – bleibt aber auch nicht nur ein simpler Mitschnitt der Einspielungen. Die Scheibe ist zwar nicht audiophil – aber sie ist ausgewogen.

Hier übrigens noch eine abschließende Information: Arnalds war mit Sigur Rós auf Tournée 😉 Viel Spaß bei der Scheibe, Euer Schallplattenchecker.

Ólafur Arnalds Living Room Vinyl

Arnalds zaubert mit Piano und Streichern eine Traumlandschaft zum entspannen auf Vinyl

Dieses Vinyl vom Tour-Musiker von Sigur Rós bietet viel Platz für Entspannung im eigenen Wohnzimmer. Aufgenommen im Wohnraum des Komponisten, ist diese Aufnahme die Grundlage für musikalische Entspannung.

Rating by Marcel: 4.5 stars
****1/2

Und hier könnt Ihr Euch die Videos anschauen:

Fyrsta

Near Light

Film Credits

Tomorrow’s Song

Ágúst

Lag fyrir Ömmu

This Place is a Shelter

Sigur Rós‘ Inni – Klangliches Bollwerk zwischen Vergangenheit und Zukunft

Thorens TD 290 MK2 spielt Sigur Rós Inni VinylSigur Rós haben im letzten Jahr ihr bereits 2008 aufgenommenes Konzertalbum veröffentlicht und geben einen wunderbaren Rückblick auf die letzten Alben und die tolle Zeit, die Sigur Rós ihren Fans mit Konzerten, Filmen und Alben gemacht haben. Insofern konnte Inni auch nicht anders erscheinen, denn als Album von Konzerten und einem Film. Es geht doch nichts über den großen Medienmix.

Die Aufnahmen wurden im Alexandra Palace (London) bereits 2008 aufgenommen – insofern befindet sich ein schönes Best-of der vergangenen Schallplatten auf Inni. Natürlich kommen deshalb auch keine Tracks des neuesten Sigur Rós Albums We play Endlesly vor. Aber das macht gar nichts – haben die Isländer mit Takk…, Ágætis Byrjun, Með suð í eyrum við spilum endalaust, von und dem größten Album untitled  einen Fundus geschaffen, aus dem sich ein prächtiges Live-Album stricken lässt.

Alle Stücke sind sehr behutsam gespielt und gesungen – genau, wie man es von den Studioalben gewohnt ist. Jónsi beeindruckt durch seine Sanftheit der Stimme selbst im höchsten Falsett. Dennoch beherrscht er, die Dynamik rüberzubringen ohne dabei nur Unsauberkeiten erahnen zu lassen. Er ist und bleibt ein Meister der hohen Töne.

Die Band bezaubert auch Live durch ihre Ruhe und ihre Präzision. Dennoch bleibt ein feiner Livecharakter übrig, der den Hörer dann doch in eine blitzende, düstere Konzerthalle verschleppt. Dazu trägt definitiv Jónsis waberndes Gitarrenspiel bei. Er spielt die Gitarre mit einem Violinbogen und lässt den entstandenen Klang mit viel Hall und Delay laut und geräuschvoll an- und wieder abschwellen. Dieser Soundeffekt ist unberechenbar – anscheinend war er auch für die Soundengineers der Aufnahme ein wenig zu herausfordernd – auf der Schallplatte macht sich das schon fast an Rauschen erinnernde Klangmanifest recht unangenehm als Verzerrung bemerkbar. Die mitgelieferte CD ist allerdings bei Popplagið auch nicht besser. Schlimm ist es nicht – aber ein wenig zu viel für eine so große Produktion.

Sigur Rós Vinyl - Inni - Vinyl, CDs und DVD PackageEin paar Worte noch zur Qualität und zum Materialaufwand – die Vinyls kommen in dreifacher Ausführung und liegen bei ca. 120g Vinyl-Gewicht. Sie sind gut verarbeitet – eine Vinyl-Scheibe von mir hat eine leichte Höhen- und Talfahrt eingebaut 😉 Aber mein Goldring 2100 bügelt das wieder glatt. Neben der Vinyl-Materialschlacht liegen natürlich auch zwei CDs bei, die über dasselbe Set verfügen. Und natürlich die DVD, die den von Vincent Morisset produzierten Konzertfilm enthält. Insgesamt ist das Album qualitativ ausreichend und der Preis von zurzeit 18,97€ auch sehr günstig für das Paket. Für Audiophile ist das Album, wie ich finde, aber nicht zufriedenstellend. Dafür könnte die Mischung etwas besser sein.

Ich kann dennoch das Album nur empfehlen!

Vor allem ist es noch einmal ein kurzer Blick in den Rückspiegel, bevor Sigur Rós ihr für 2012 angekündigtes Album herausbringen. 2012 wird eh ein gutes Jahr – denn die Isländer kommen wieder auf Tour. Wir sehen uns dort 😉

Viel Spaß beim Vinyl-Hören wünscht Euch Euer Schallplattenchecker.

Vinyl 1

  1. Svefn-g-englar -Ágætis Byrjun
  2. Glósóli – Takk…
  3. Ný batterí – Ágætis Byrjun
  4. Fljótavík – Með suð í eyrum við spilum endalaust
  5. Við spilum endalaust – Með suð í eyrum við spilum endalaust
  6. Hoppípolla – Takk…

Vinyl 2

  1. Með blóðnasir – Takk…
  2. Inní mér syngur vitleysingur – Með suð í eyrum við spilum endalaust
  3. E-Bow – ()
  4. Sæglópur – Takk…
  5. Festival – Með suð í eyrum við spilum endalaust

Vinyl 3

  1. Hafsól – Von
  2. All Alright – Með suð í eyrum við spilum endalaust
  3. Popplagið – ()
  4. Lúppulagið – Inni (vorher unveröffentlicht)

 

Sigur Rós Inni Vinyl

Sigur Rós großes Live-Album

Sigur Rós aktuelles Vinyl Inni mit DVD, 3 Vinyl-Scheiben und CDs. Wie sie klingt und ob sie empfehlenswert ist, lest Ihr im Schallplattencheck. Inni könnt Ihr hier auch kaufen.

Rating by Marcel: 4.0 stars
****

Sigur Rós Vinyl ist wie guter Rotwein…

… er wird nicht unbedingt besser, aber in jedem Fall teurer. Für alle Sigur Rós Liebhaber schon mal zur Auflösung des Seitenhiebs: Es gibt nichts zu verbessern an Sigur Rós Schallplatten, weil sie schon perfekt sind 😉 Perfekt atmosphärisch sind die Stücke der isländischen Helden – Post Rock Hymnen, die spätestens jeden in den Bann schlagen, der ein Konzert besucht oder mindestens die DVD „Heima“ gesehen hat. Dazu das elfisch surreale Wimmern von Jón Þór „Jónsi“ Birgisson und die feine Dynamik, die das Quartett zaubert.


Beeindruckend ist die Spannweite, die von völliger Ruhe in geradezu schieren Krach und dann wieder zurück reicht (Mílanó). Hier zeigt sich die hervorragende Pressqualität der Schallplatten der neuen Edition.
Gehörten die Originalausgaben zur Gattung des Standardvinyls, ist aktuelle Neupressung eine reine Freude auf dem Plattenteller. Alle drei Scheiben (die „Takk…“ kommt mit zwei 12″ LPs und einer 10″) sind perfekt geschnitten und gepresst – keine Störgeräusche treten auf. Mit der Ausgabe lässt sich die ganze Wärme und Dynamik der analogen Technik austesten.

Die Preisentwicklung ist wirklich sehr interessant. Originalpressungen verkauft amazon.de derzeit für 199€ (sic!). Das ist natürlich dem erwachsenen Kult-Status geschuldet und steht in keinem Verhältnis weder zur Qualität der Pressung noch zur Reproduktion des Covers. Ist also reiner Sammlerwert.

Wer günstiger in den Genuss der Schallplatte kommen will, der kauft die aktuelle Ausgabe von Takk… für vernünftige 34,98€ und erhält dafür oben beschriebene Qualität.

Sagt mal Bescheid, wenn Ihr die Schallplatte zu Hause habt. Würde mich sehr interessieren, was Ihr zur Qualität sagt.

Bis dahin: reingehau’n. Euer Schallplattenchecker

Bohren und der Club of Gore-Dolores und der Schmerz auf Schallplatte

Fangen wir heute mal mit etwas anderem als der schlichten Beschreibung von Musik auf Vinyl an. Fangen wir mit einem Live-Auftritt der Band Bohren und der Club of Gore an und zwar in ihrer Heimatstadt Mülheim a.d. Ruhr. Diese Stadt hat zwei Theater-Spielstätten, wovon eine das Theater am Raffelberg ist und zu den idealistischsten und renommiertesten Ensembles gehört. Diese Gruppe, die seit Jahren von Roberto Ciulli geleitet wird, veranstaltet jährlich im Raffelberg-Park die weißen Nächte von Mülheim. Grundsätzlich wird das Theater von drinnen nach draußen verlagert, kostenfrei gemacht und mit einem Rahmenprogramm garniert. Dazu gibt es eine Bühne, die halb in das Wasser des Raffelberger Sees ragt, die nur aus Traversen besteht, weshalb ein Blick an dem Bühnentreiben vorbei auf den See und die Büsche und Bäume des Parks möglich ist. Die farbige Beleuchtung des Parks hebt die Stimmung dazu noch besonders hervor.

Und hier kommen wir auch schon zu Bohren und dem Club of Gore. Wer die Musik – gerne beschrieben als Gore-Jazz – noch nicht kennt, kann sich auch nicht ausmahlen, was in jemandem (also mir) vorgeht, der die Location und das Setting kennt und dann davon hört, dass diese Band genau dort spielt. Vielleicht könnt Ihr das ja im Nachhinein nachvollziehen, wenn Ihr die aktuelle Schallplatte von Bohren und der Club of Gore auf dem Plattenteller drehen seht und die entspannt bis lethargisch anmutenden fast-schon-nicht-mehr Rhythmen der Mülheimer hört. Denn allein durch diesen Eindruck kommt man in eine andere – viel langsamere Welt. Wem die Musik von Sigur Rós was sagt, dem würde ich Bohren so beschreiben, als hätten Sigur Rós eine ganze Familienpackung Downer geschluckt und würden damit eher Klangflächen als Musik erzeugen.

Aber das Ergebnis ist alles andere als schlecht! Im Gegenteil. Wenn sich eine Situation ergibt, in der diese Musik passt – z.B. beängstigend während Weltuntergangsstimmungen kurz nach oder während eines Unwetters oder hypnotisierend während eines Konzerts in dem oben beschriebenen Setting – schlägt sie ein wie eine Bombe – nur sehr, sehr langsam. Letztere Situation ist natürlich mit einer Schallplatte nicht zu erreichen, es sei denn man betriebe eine Menge Aufwand 😉 Aber gerade das Unwetterszenario eignet sich für die Mülheimer Gore-Jazzer und die heimische Stereoanlage.

Dass das passt, erklärt sich schon allein aus der Definition des „Gore“. Gore ist englisch und bedeutet als Subjekt Blut oder geronnenes Blut – als Verb „durchbohren“ oder schlicht „bohren“. Die Band heißt also in komplett deutscher Version „Bohren und der Club des Bohrens“ – oder „des Bluts“ natürlich. Diese unheimliche Bezeichnung rührt von einer Gattung des Horror- bzw. Splatterfilms her, bei dem nicht das Morden und blutrünstige Umbringen im Mittelpunkt steht, sondern eher das Ergebnis solcher Taten: Blut, geronnenes Blut in seiner ganzen Pracht.

Genauso spielen Bohren auf ihrer zuletzt erschienenen Schallplatte „Dolores“. Ganz langsam, wie das Blut aus einer frisch geschlagenen Wunde dickflüssig heraus quillt, über durchschnittlich sechs Minuten zu einem fließenden Bach zusammenläuft, um dann am Ende jeder Schallplatten-Seite zu gerinnen und zu erstarren…

Sehr pathetisch – zugegeben. „Dolores“ eignet sich ganz prima als Fahrstuhlmusik bei den Munsters oder als Untermalung eines Halloween-Diners – das Album ist aber auch Aspirin gegen einen gehetzten Tag. Zum „cool down“ ist nichts besser geeignet als diese entschleunigte Schallplatte. Wenn nicht maximal drei Tracks auf einer Schallplatten-Seite währen und man notgedrungen die Seite wechseln müsste, erstarrte man ebenso wie beschriebenes Blut.

Produziert ist das Album vorbildlich. Es ist nicht unbedingt audiophil – dazu stellt die Instrumentation auch nicht die beste, weil elektronische, Ausgangsbasis dar – aber durchaus klanglich „vollmundig“. Gerade das Saxophon tritt aus dem Off mit viel Hall auf die Bühne, während Schlagzeug, E-Piano und Bass sehr präsent direkt vor dem Hörer spielen. Ein gut eingestelltes Tonabnehmersystem ist für Bohren und der Club of Gore „Dolores“ aber schon notwendig. Ansonsten kommt es zu deutlichen Verzerrungen, die gerade bei dieser Musik sehr stark heraustreten. Lange Zeitspannen zwischen den Anschlägen der Noten und lange Zeitspannen, in denen sich die Klänge entwickeln können, decken jede Unsauberheit in der Abtastung auf.

Für Fans der langsamen Musik ist die Schallplatte eine Kaufempfehlung. Mike Patton war ebenfalls angetan und hat das Vorgängeralbum direkt auf seinem Label veröffentlicht.

cover_dolores

Zu beziehen ist die Schallplatte hier im Plattenladen.

Euer Schallplatten-Checker

Hier könnt Ihr den „Unkerich“ hören – meinen Favourite 😀